Die letzten drei Wochen haben sich bei mir sehr erfreulich entwickelt, ich fühle mich relativ stabil. In der vergangenen Woche war ich schon dreimal mittags auswärts essen. Und so denke ich gar nicht lange nach, ob ich heute wieder einen Ausflug machen könnte. Auf den Samstagsmarkt muss ich nicht, also los gehts!
Ich hab das tiefe Bedürfnis, mich wieder mehr mit dem Leben zu verbinden. Wenn man sonst immer auf Nummer total sicher gehen muss, fehlt irgendwann das positive Abenteuer, der Nervenkitzel. Also rolle ich gleich auf die B33 und fahre das Kinzigtal aufwärts.
Bei Tempo 100 werde ich doch etwas nervös. Die Honda nicht im Mindesten. Der kleine Motor nähert sich zwar seinem Leistungslimit, aber das Fahrwerk ist da seelenruhig. Ich muss mich einfach dran gewöhnen. Und nennenswerter Verkehr ist um diese Uhrzeit auch noch nicht.
Bei Biberach fahre ich runter und schaue bei dem Überflutungsbecken vorbei, wo ich früher schon Eisvogel und Wasseramsel gesehen hatte. Heute ist da aber nichts. Ich trinke einen Schluck, das Kreatin macht mächtig Durst.
Und jetzt? Ich fühle mich immer noch gut. Also gehe ich eine Route an, die ich schon länger im Kopf hab: Zell, Nordrach, Kolonie, dann den Berg hoch und im Renchtal wieder runter. Die Strecke ist laut Google Maps nach monatelangen Bauarbeiten wieder frei.
Im Nordrachtal war ich in meinem ganzen Leben vielleicht drei mal. Ich muss an den Song ‚Nordrach‘ von Jud’s Gallery denken. Ein Instrumentalstück von 1974, das den Verlauf der Nordrach von der Quelle bis zur Mündung in den Harmersbach abbilden sollte. Die Urheber hatten später Gary Moore verklagt, weil dessen größter Hit ‚Still got the blues‘ so verdächtig ähnlich klang. Die Jungs aus der Region hier haben dann tatsächlich Recht bekommen!
Wie auch immer, es ist wunderschön hier. Es ist noch kaum jemand auf den Beinen, die Sonne steht über den Hügeln. Einige Pferde mampfen gemütlich vor sich hin.
Als ich in Nordrach ankomme, fällt mir das markanteste Gebäude ins Auge, die ehemalige Rothschild-Klinik. Mich erinnert das Haus spontan an den Film ‚Psycho‘. Das Makabre: Es ist eine Rehaklinik für Psychiatrie, wie ich zuhause feststelle.
Ich fahre weiter, Wiesen, gelegentliche Siedlungen und Sägewerke. Holz scheint hier (neben den Sanatorien und der Firma Junker) enorm wichtig zu sein. Ich sehe mehr Langholz-Laster als Autos. Zum Glück für mich stehen die heute, da Samstag morgen, alle nur rum und kommen mir nicht auf der zunehmend engen Straße entgegen.
Höher und höher windet sich die Straße. Das ist hier echter Schwarzwald. Als ich oben aus dem Wald heraus rolle, geht mir das Herz noch mehr auf. Auch hier gibt es einen Gleitschirm-Startplatz. Aber hier ist kein Trubel wie an der B500 drüben. Hier ist niemand außer mir. Die Wiese ist gelb vom Hahnenfuß.
Einige Zitronenfalter und ein kleiner Fuchs flattern eifrig umher. Als Kind war der Kleine Fuchs bei uns so langweilig wie der Kohlweißling. Über den Sommer halt einfach immer da. Jetzt freue ich mich riesig! Keine Ahnung, wann ich das letzte mal einen gesehen hab. Dabei brauchen die wohl nur Brennesseln, um zu gedeihen.
Ich sitze in der Sonne, bis es mir auch in der hellen Biker-Jacke zu warm wird. Leichtsinnig darf ich ja auch nicht werden. Und so esse ich noch eben mein Vesper und mache ich mich auf den Weg ins Tal. Das geht recht zügig. Auf dieser Seite des Passes ist die Straße deutlich breiter. Und unten im Renchtal auf der B28 angekommen fühlt es sich eh an wie auf der Schnellstraße.
In Oppenau mache ich bei Andrea einen spontanen Zwischenstop mit ein paar Erdbeeren und etlichen Glas Wasser (Kreatin-Durst…). Dann gehts sehr zufrieden und glücklich nach Hause.
Was für ein toller Ausflug !!!
Das Stück von Jud’s Gallery mußte ich mir jetzt gleich mal anhören.
Ich erkenne ja eindeutig den Soundtrack von ‚Fliwatüüt‘ darin wieder, ab Minute 4:25.
Liebe Grüße und weiterhin viel Energie
wünscht dir Brigitte
Uiuiui, wenn das mal keinen juristischen Rattenschwanz nach sich zieht…
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