Nach den Ausflügen der letzten Woche hab ich gestern mal etwas langsam gemacht. Das heißt, ich war zwar im Rollstuhl auf dem Markt einkaufen, ansonsten hab ich Kräfte geschont. Also kein Schlenker ins Grüne, keine anstrengenden Haushaltsjobs oder so.
Heute morgen zeigt meine Uhr 60% Energie und ich fühle mich auch so. Der NIU ist ja außer Gefecht, also darf der Honda-Roller mal wieder ran. Die Bedingungen sind perfekt, herrliches Wetter, noch kein Verkehr auf den Straßen. Ebersweier, Nesselried, Nussbach, Oberkirch. Es läuft super!
Also mache ich spontan einen Besuch in Oppenau. Das letzte mal ist bald ein Jahr her! Ich bekomme sogar ein Stück fantastischen Rhabarberkuchen, kann meine Wasserflasche auffüllen (das Kreatin macht ordentlich Durst), mich etwas erholen und die wunderbare Gesellschaft genießen. Das tut soo gut!
Dann breche ich wieder auf. Ich fühle mich immer noch frisch, also fahre ich die Oppenauer Steige hoch zum Gleitschirm-Startplatz.
Die Luft hier oben ist kühl und klar. Der Blick schweift weit über die Schwarzwaldgipfel. Es ist schon ganz schön was los! Oberhalb der Wiese sitzen Biker wie ich wie die Hühner auf der Stange und schauen zu. Auf der Wiese bereiten sich die Gleitschirmflieger vor. Ich denke mir: zwei Risikogruppen unter sich.
Die Flieger haben zu kämpfen. Der Wind ist böig und wechselt ständig die Richtung. Einige Versuche, das Segel ordentlich in die Luft zu bringen, scheitern. Mit etwas Geduld klappt es dann doch immer wieder und bald kreisen einige bunte Schirme hoch über dem Renchtal.
Einer der Flieger startet mustergültig, einige Schritte, er hebt ab. Dann schießt es ihn plötzlich senkrecht nach oben! Er wird seitlich abgetrieben, der Wind wirbelt ihn knapp über den Baumwipfeln zwei komplette Umdrehungen um sein Segel herum, so wie man einen Schlüsselbund um den Finger sausen lässt. Ein erschrecktes Raunen geht durch die Reihen von Fliegern und Zuschauern, dann fängt der Pilot sich wieder und gleitet ruhig hinaus, als wär nichts gewesen. Das war knapp! Nach einigen Minuten kommt er auch wieder zurück. Er ist für heute bedient und packt zusammen.
Mir ist der Spaß beim Zuschauen auch etwas vergangen. Außerdem ist es echt kalt hier oben. Also schwinge ich mich wieder in den Sattel. Inzwischen sind jede Menge Autos und Motorräder unterwegs. Außerdem kämpfen sich etliche Rennradler die Straße hoch. Ich fahre mehrmals rechts ran und lasse eilige Autofahrer durch, die die Strecke offensichtlich besser kennen als ich. An einem Wanderparkplatz blüht der Ginster, es ist wunderschön.
Als ich unten in Oppenau ankomme, hab ich noch immer keine Eile, nach Hause zu kommen. Aber im Renchtal gibt es nur die B28, und da ist man zügig unterwegs. Und so bin ich ruck-zuck wieder in zuhause Offenburg.
Was für ein wunderbarer Sonntag Morgen! Es klingt wie ein dummer Klischee-Spruch, aber er passt heute für mich:
„Dass ich das noch mal erleben darf!“
Hätte ich noch vor einer Woche im Leben nicht zu träumen gewagt.