Es ist seltsam. Ich hab so lange darauf gewartet, endlich mit der Forza fahren zu können. Und jetzt ist es zwiespältig. Natürlich hab ich Lust drauf, viel weiter raus zu fahren als bisher möglich. Und ich hab ja derzeit sogar die nötige Kraft dazu.
Aber ich traue dieser neuen Kraft noch nicht so recht. Ich weiß, wie schnell Übermut sich da rächen kann.
Und vor der Forza (italienisch für ‚Kraft, Stärke, Macht‘) hab ich auch noch ordentlich Respekt. 80km/h fühlen sich beim Fahren auf grader Strecke sogar entspannter an als 45km/h mit dem NIU. Aber falls man stürzen sollte, wäre es halt ein gewaltiger Unterschied: Die höhere Masse plus doppelte Geschwindigkeit ergibt über vier mal so viel kinetische Energie! Der Physikunterricht ist im Leben echt nicht immer eine Hilfe.
Da bleibt nur eins: ab in den Sattel und fahren! Gedanken und Fantasien durch echte Erfahrung ersetzen. Und das mache ich. Bei Biberach soll es einen renaturierten Zulauf zur Kinzig geben. Da sollen viele Eisvögel und Wasseramseln leben. Ich hab also einen Plan!
Es ist zwar Sonntag Nachmittag und die Sonne lugt ab und zu heraus. Das heißt, da draußen werden vor allem viele Homo Sapiens unterwegs sein. Aber ich betrachte es als Fahrübung und Location Scouting.
Das Fahren über die Dörfer ist nicht wirklich schwierig. Aber ich staune, wie viele Tempo-30-Zonen inzwischen eingerichtet wurden! Mindestens die Hälfte meiner Aufmerksamkeit brauche ich, um ständig das Tempo anzupassen und zu halten. 30, 50, 70, 30, 100, 50, 100, 30 und so weiter. Meine Güte! Um Strecke zu machen, ist die B33 definitiv sinnvoller. Aber das mache ich erst, wenn der Motor eingefahren ist und ich Tempo 100 auch wirklich fahren darf.
Trotzdem bin ich gefühlt schneller in Biberach als mit dem NIU in Schutterwald. Es ist so viel leichter, wenn man nicht dauernd ein Verkehrshindernis ist!
Am Ziel angekommen fällt mir ein weiterer Unterschied auf: Ich muss deutlich besser aufpassen, wo ich parke. Bei schrägem oder weichem Untergrund ist der NIU sehr großzügig. Die Forza nicht. In der Natur ist das gar nicht so einfach.
Ein weiterer Punkt: Mit dem NIU schleiche ich mich öfters über Feldwege und setze mich dann irgendwo hin, um zu fotografieren. Mit der Forza kann man nicht schleichen. Die braucht 4.000 Umdrehungen, damit die Kupplung überhaupt auslöst. Da will ich weder morgens um fünf in die Natur rein fahren noch jetzt am Sonntag Nachmittag zwischen all den Spaziergängern. Trotzdem bin ich so noch wesentlich flexibler als mit einem Auto.
Mit all diesen Gedanken im Kopf setze ich mich an einen kleinen See und entspanne mich erst mal. Weder taucht ein Eisvogel auf noch sonst irgendwas Interessantes. Aber ich weiß jetzt, wo ich den Roller gut abstellen kann und zu Fuß nicht weit gehen muss. Am frühen Morgen könnte hier echt was gehen!
Nach einer halben Stunde reicht es mir und ich mache mich auf die Heimfahrt. Bloß nicht gleich übertreiben! Am Ende war es ein schöner Ausflug.
Die Forza und ich – das ist noch keine Liebesgeschichte. Wir sind noch beim Kennenlernen. Aber wir sind guten Willens. 🙂