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Moby_Dick

Moby Dick

  • Natur

Meine Beine tun weh und Moby Dick ist schuld. Aber dazu später.

Ich bin früh unterwegs. Mein optimistisches Ziel ist, heute bei dem schönen Wetter Libellen im Flug zu fotografieren. Ich hab seit kurzem ein kleines Punktvisier, ein nützliches Tool, das auch Jäger an ihren Gewehren nutzen, um das Zielen zu erleichtern.

Unterwegs fahre ich an einem Sportplatz vorbei. Ich hab ja kürzlich einen DLF-Radiobeitrag gehört, in dem beklagt wird, dass dem deutschen Fußball erstmals der Nachwuchs an Weltklasse-Torhütern fehlt. Aber dass die Not schon so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht…

Nachdenklich fahre ich weiter zum Pappelwaldsee. Als ich dort ankomme, stehen drei mittelalte Männer herum und unterhalten sich angeregt und ausdauernd über ihre Hunde. Diese stehen bzw. sitzen daneben und langweilen sich zu Tode. Den Ausflug hatten sie sich wohl irgendwie anders vorgestellt.

Auch sonst bewegt sich hier fast nichts. Ich will grade zurück fahren, da sehe ich direkt neben einer kleinen Brücke einige Kreuzspinnen, die eifrig ihr Zuhause, das Netz aufräumen. Sehr vorbildlich! Ich weiß, die sind völlig harmlos und ich finde sie eigentlich hübsch. Trotzdem schwanke ich ständig zwischen Sympathie und etwas Grusel. In unseren Genen steckt halt wahrscheinlich noch das Leben mit deutlich gefährlicheren achtbeinigen Cousinen.

Meine nächste Hoffnung ist ein Anglersee in der Nähe. Da ist das Ufer nicht so abgemäht und aufgeräumt. Vielleicht finde ich dort mehr Leben?

Na ja, ich scheuche einen Graureiher auf, der sich ans andere Ufer flüchtet. Ein paar Mönchsgrasmücken und Amseln huschen durchs Gebüsch. Sonst ist auch hier Sonntagsruhe. Egal, ich setze mich erst mal hin. Zeit hab ich ja.

Dann plötzlich, ich hab die Hoffnung schon fast aufgegeben, düst etwas dicht über dem Wasser vorbei. Ein Blaupfeil, eine recht große Libellenart. Ich halte drauf, aber sie ist schnell wieder weg und kommt auch nicht mehr zurück. Ich warte, esse mein Vesper, wechsle den Standort am See mehrmals.

Ich möchte zu einem netten Bänkchen am Wasser, und da – sitzt der Blaupfeil ganz gemütlich in der Sonne und wartet auf mich.

Okay, mehr ist hier nicht zu holen. Ich fahre nach Hause. Ich kann ja noch am Großen Deich vorbei schauen. Als ich dort ankomme, ist auch die Tierwelt endlich aus den Federn gekrochen. Ein Turmfalke jagt, aus einem hohen Baum höre ich wildes Rufen. Das klingt nach einer zweiten Brut dieses Jahr! Hoffentlich haben die Glück.

Eine Stockente flattert über mir hinweg. Im Grün neben der Kinzig hockt ein Kaninchen im Schatten. Ich gehe direkt ans Wasser, und tatsächlich finde ich, was ich gesucht hatte. Eine rote Heidelibelle genießt die Sonne. Sie fliegt immer wieder auf und landet auf dem gleichen Graswedel. Sehr nett von ihr! Trotzdem erwische ich sie nie so richtig scharf in der Luft. Sie ist einfach zu hektisch für den Autofokus der Kamera.

Dann saust etwas Großes, Blau-Grünes vorbei. Ein Königslibellen-Männchen! Größer wird es hierzulande nicht. Und da gibt es jetzt auch keine Ausreden mehr! Sie dreht einige Runden an mir vorbei, ich feuere, was ich kann. Trotzdem hab ich am Ende nur einen einzigen Treffer, aber mit dem bin ich sehr zufrieden!

Hier sollte die Geschichte enden. Aber dann sehe ich ihn. Moby Dick! Ich kann nicht sagen, ob es silbrige Schuppen sind, die die Sonne so stark reflektieren, oder ob dieser Fisch wirklich so weiß ist, wie er aussieht. Ich weiß auch nicht, was für eine Art das ist. Ich hab zuhause das Bild abfotografiert und Google gefragt. Die ernsthafte Antwort: Es ist ein UFO. :-)))

Ich glaube aber fast, das kann ich ausschließen. Gemächlich kreist Moby immer im gleichen Bereich umher. Dann ein paar schnelle Schwanzschläge, er schießt aus dem Wasser und schnappt nach einem Insekt, platsch, dann wieder ruhige Bahnen. Ich will ihn natürlich bei seiner Jagd erwischen. Aber hier macht mir die Physik endgültig einen Strich durch die Rechnung:
Ich stehe direkt neben dem Wasser, der Blickwinkel ist sehr flach. Selbst manuell bekomme ich Moby im Wasser nicht richtig scharf. Sobald er auftaucht, stimmt die eingestellte Fokusdistanz überhaupt nicht mehr, da dann ja die Lichtbrechung wegfällt.
Ich versuche es immer wieder, stehe viel zu lange herum. Nur noch einen Versuch! Komm, Moby, spring nochmal! Aber nie erwische ich ihn.

Inzwischen ist es auch richtig heiß geworden. Ich gebe auf und packe zusammen. Es muss auch mal gut sein. Hoffentlich gibt das morgen keine Krämpfe in den Beinen! Auf jeden Fall hat es gut getan, mal wieder ordentlich Licht abzubekommen.

Ein Gedanke zu „Moby Dick“

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