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See11

Nehmen, was kommt

  • Natur

Normalerweise geht man als Wildlife-Fotograf deutlich vor Sonnenausgang raus, um bereits vor Ort zu sein, wenn die Natur erwacht und das Licht am schönsten ist. Und das ist jetzt im Winter ja auch viel, viel einfacher als im Sommer.

Theoretisch.

Tatsächlich funktioniert das nicht, weil mein Biorhythmus sich super mit Mutter Natur gekoppelt hat. Ich schlafe einfach immer so lange, bis es hell wird. Egal, wann das ist. Ich müsste also trotzdem den Wecker stellen.

Und im Winter hat mein Schweinehund ein weiteres fettes Argument auf seiner Seite: Es ist ja schon eine kleine Heldentat, die Bettdecke beiseite zu schlagen. Aber draußen ist es ekelhaft kalt, dreckig, matschig und windig. Und dann auf den Roller? Bäh!

Man muss auch gönnen können. Also lasse ich ihm meist den Punkt, schlafe aus, lasse den Tag kommen und warte, bis es draußen irgendwann grade mal etwas heller und trockener ist. So auch gestern. Ein Freund hat kürzlich in den Unterwassermatten einige Kornweihen gesehen und fotografiert. Da könnte ich mich auch mal wieder umschauen.

Auf dem Weg dahin komme ich am Burgerwaldsee vorbei. Viel ist nicht los, ein paar Reiherenten dümpeln auf dem Wasser umher. Immerhin, diese Art war mir noch nie irgendwo aufgefallen!
Das Licht wechselt minütlich von bedeckt bis zu grellem Gegenlicht. Ich versuche, das für mich zu nutzen, spiele mit Ausschnitten, Belichtung, Stimmung. Planen lässt sich da gar nichts, ich improvisiere vor mich hin. Dabei ist eine wilde Mischung von Bildern raus gekommen. Aber sie gefallen mir, vielleicht grade deshalb.

Ich entdecke da grade ein bisschen eine neue Haltung zur Fotografie: Wenn ich ein Tier formatfüllend in bestem Licht erwische, nehme ich das natürlich gerne mit. Aber ich arbeite ja nicht an einem Tierbestimmungsbuch, und ich hab auch bei weitem nicht das Geld oder die Transportmöglichkeit für die dafür üblichen Profi-Objektive.

Das, was mich (auch an Bildern anderer Fotografen) fasziniert, ist oft das Setting, das Umfeld, der Moment, das Licht, die Atmosphäre, die Geschichte. Es ist leicht ‚Reiherente‘ zu googeln und perfekte Portraits zu finden. Aber dieser Moment hier, mein persönliches Erleben grade, ist einmalig.

Ich fahre weiter und komme am nächsten Gewässer vorbei. Auf dem Königswaldsee ist es noch ruhiger. Dann taucht ein Pärchen Haubentaucher direkt vor mir auf. Hach, sieht das nicht romantisch aus? Ich möchte gerne etwas näher ans Wasser runter, aber da sind sie auch schon wieder weg…

Als ich endlich draußen in den Matten ankomme, ist es kalt und trüb. Weit weg sehe ich einen größeren Greifvogel. Könnte eine Kornweihe sein, aber auf die Entfernung kann ich das nicht erkennen, geschweige denn fotografieren.

In den Waldstückchen wurde kräftig Holz gemacht, mir kommt ein riesiger Traktor entgegen. Da wird nicht mehr viel Wild in der Nähe sein. Aber dann spaziert ein Fasan über die Wiese. Ich sehe eine Rohrammer (glaube ich) in einem Busch direkt neben dem Weg. Und als ich, inzwischen kalt und hungrig, zurück nach Hause fahre, trottet ein ganzes Rudel Rehe neben mir übers Feld.

Egal wie die Umstände sind und welche Uhrzeit: Irgendwas ist immer!

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