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Libellen12

Libellen

  • Natur

Vögel fotografieren ist grade sehr schwer. Zwar gibt es im ganzen Jahr nicht so viele Vögel wie jetzt, sämtliche Zugvögel sind da, plus der Nachwuchs. Aber im dichten Laubwerk können sich die Piepmätze prima verstecken. Manche Arten sind in der Mauser und verstecken sich lieber mal ganz leise vor Räubern (oder Fotografen). Andere tragen grade ihr unscheinbares Schlichtkleid. Wie gesagt – ziemlich schwierig grade.

Also verlagere ich mich auf Insekten. Auch das gestaltet sich allerdings nicht leicht. Mein Bewegungsradius mit dem Motorroller wird dominiert von Reb- und Obstanlagen, daran schließen sich hauptsächlich dichte Fichtenwälder an. Alles kein guter Lebensraum für Insekten. Selbst auf der Blühwiese rund um das Kulturforum bewegt sich enttäuschend wenig. Ist das Insektensterben schon so weit fortgeschritten? Oder sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht?

Als ich mal wieder an einer üppigen Brombeerhecke vorbei komme und die Gelegenheit zu einem unverhofften Snack nutze, fällt mir immerhin eine recht große Libelle auf. Es ist ein Blaupfeil, den das tolle Buffet komplett kalt lässt.

Tags drauf mache ich mich mal wieder zum Großen Deich auf. Dort herrscht buntes Treiben! Es ist nur ein schmaler Streifen Vegetation entlang der Kinzig, der nicht abgemäht wurde, allenfalls ein Meter breit. Aber das scheint Libellen schon zu reichen.

Auf einem kleinen Laichkraut-Teppich sucht sich eine gebänderte Prachtlibelle einen guten Aussichtsposten, um die anderen Männchen im Auge zu behalten und notfalls zu vertreiben. Das Blau ist unglaublich, und es scheint, der kleine Kerl weiß das auch. Schüchtern ist er jedenfalls nicht. Auch der Flug ähnelt eher dem Flattern eines Schmetterlings.

Ich freue mich, dass ich auch andere Libellen finde. Ebenfalls leuchtend bunt, von blaugrün bis bronzefarben. Zuhause bei der Recherche stelle ich fest, dass das alles Weibchen der gebänderten Prachtlibelle sind. Deshalb machen die Männchen also so einen Bohei!

Dazwischen schweben winzige blaue Nadeln umher. Sie sind so schlank, dass ich Mühe hab, sie zu fokussieren. Aber auch sie sind wunderschön! Und auch bei den blauen Federlibellen haben die Weibchen ganz andere Farben.

Während ich so das Treiben zwischen den Schilfgräsern beobachte und versuche, dabei nicht in die Kinzig zu plumpsen, düst etwas Großes vorbei. Das ist kein buntes Flattern, das ist ein Präzisionsgeschoss! Eine große Königslibelle fliegt immer wieder ihr Territorium ab. Später taucht noch eine zweite auf, beides Männchen, und die beiden jagen sich gegenseitig übers Wasser.

Ich hab etwas nachgelesen. Bei den meisten Insekten werden die Flügel nur indirekt bewegt, indem der Brustpanzer seine Form verändert. Libellen sind die einzigen Insekten, bei denen jeder Flügel seine eigenen Muskeln hat. Sie können Vorder- und Hinterflügel entgegengesetzt bewegen für sehr langsamen Flug oder schnelles Aufsteigen. Sie können sie leicht versetzt bewegen für maximalen Vortrieb. Bis zu 50km/h erreichen sie dabei! Oder sie können sie für kurze Zeit synchron bewegen für maximale Beschleunigung oder schnelle Richtungswechsel. Solche Großlibellen schaffen Beschleunigungswerte von 0 auf 50 km/h in 1/4 Sekunde. Das sind sage und schreibe 30 g (!), ein Jetpilot würde da mit dem Gewicht von zwei Tonnen in den Sitz gedrückt! Mit diesen Flugkünsten ist es kein Wunder, dass fast 100% aller ihrer Jagdzüge erfolgreich sind. Und das seit gut 300 Millionen Jahren.

Ja, ich bin total fasziniert.

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