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Sehen

Kürzlich hab ich mir einen Vortrag bei youtube angeschaut. Art Wolfe, ein berühmter Naturfotograf, plauderte aus dem Nähkästchen. Ursprünglich hatte er Malerei studiert, und das prägt sein Sehen bis heute. Er sieht z.B. die verzerrten Reflexionen in einer verchromten Metalloberfläche und denkt: ‚Das erinnert mich an Van Gogh.‘ Er fotografiert dieses schiefe Farbchaos. Ich sehe das Foto und denke: ‚Stimmt, jetzt wo er es sagt…‘

Wenn ich früher fotografiert hab, dann war da meist eine Szene, die ich festhalten, konservieren wollte. Damit ich es später genau so erinnern kann, wie es jetzt aussieht und sich anfühlt.

Vielleicht verschiebt sich der Hauptzweck, zumindest bei der Generation Smartphone, inzwischen vom Erinnern zum Teilen. Und daraus ergeben sich sicher auch Inszenierung und bewusste Darstellung. Ich glaube, die jüngeren Leute geben sich heute oft deutlich mehr Mühe mit den Bildern, als ich es früher gemacht hab.

Aber was, wenn das Fotografieren vom Zweck zum Selbstzweck wird? Zum Hobby? Dann nähert es sich der Kunst an, ob man will oder nicht. Nun hab ich groß keine Ahnung von Malerei. Bei mir ist nicht viel Klassisches, woran ich visuell anknüpfen könnte. Wenn ich hin und wieder im Frieder-Burda-Museum war, haben mich oft das Gebäude und das Licht darin mehr beeindruckt als die Bilder. Und trotzdem lässt mich der Gedanke nicht mehr los. Welchen Teil der Wirklichkeit sehe ich? Und was entgeht mir, weil ich es noch nicht kenne?

In den letzten Tagen hab ich Mohnblumen fotografiert, einfach weil sie grade da waren und in ihrem Rot ja kaum zu übersehen sind. Beim Bearbeiten der Fotos fiel mir auf, wie fundamental unterschiedlich die Bilder sind. Keins davon ist ein Lieblingsbild, das ich in der Wohnung aufhängen würde. Aber sie erinnern mich daran, wie viele mögliche Perspektiven die Welt eigentlich bietet…

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