Wovon träumen Menschen, wenn es um Mobilität geht? Von einem Ferrari?
Schon ehrfurchtgebietend. Ich würde mich kaum trauen, den Motor überhaupt zu starten. Was für Linien! Ich musste ihn einfach fotografieren.
Oder vielleicht eher sowas? Ein wunderschönes Stück Zeitgeschichte, das man auch noch fahren kann?
Ich hab kein Auto und ich brauche auch keins. Trotzdem kann ich nicht anders, als zu staunen. Aber träume ich von sowas? Nicht wirklich.
Das Aussehen ist ja eins. Aber wie ist es, damit zu fahren? Der alte BMW ist wahrscheinlich ziemlich unübersichtlich und mühsam zu steuern. Und der Ferrari? Vermutlich unbequem, laut und die ganze Power könnte man eh nirgends umsetzen.
Warum schreibe ich das alles?
Erinnerungen
Vor ein paar Wochen hatte ich ja für meine Verhältnisse erstaunlich viel Energie. Katrin meinte, sie wüsste, wer meine alten Fahrräder vielleicht ganz gut gebrauchen könnte. Also hab ich mich ans Werk gemacht. Ein Eimer Wasser und ein Lappen, um mal die Spinnweben und den Staub der letzten sieben Jahre weg zu spülen. Und die platten Reifen aufpumpen. Das war toll, mal was so Konstruktives zu tun!
Ich hab mit dem alten Stadtrad angefangen. Sieht jetzt wieder gar nicht so übel aus! Bremsen getestet, tun. Schaltung getestet, tut. Als wäre nix gewesen. Ich setze mich drauf, rolle ein paar Meter. Uiuiui, ist das wackelig! Natürlich eine vollkommen andere Geometrie als ein Motorroller. Ich fahre das kleine Stück zur Kreuzung und wieder zurück. Faszinierend!
Einige Tage später mache ich mich an das Mountainbike. Das steht ja schon genauso lange rum. Auch hier abwischen, Reifen aufpumpen. Die Schaltung ist ausgeleiert, manche Gänge sind nicht mehr erreichbar. Das müsste man flicken.
Aber auch hier setze ich mich drauf. Meine Güte, was für eine absurde Sitzposition! Auf dem Bild unten sieht es ganz normal aus. Aber gefühlt liege ich mehr drauf als dass ich sitze:
Ich weiß, das empfand ich auch damals schon so. Im ersten Moment unmöglich. Aber wenn ich mich drauf einlasse, spüre ich, wie viel Kontrolle diese Gewichtsverteilung bringt. Und fast kein Gewicht auf dem Sattel, dafür mehr auf den Pedalen. Dieses Rad will schnell fahren!
Ich sitze drauf, rolle aus dem Hof, auch hier noch ziemlich wackelig. Aber mein Körper erinnert sich an alles. Ich bekomme Gänsehaut. Was für ein unfassbar geiles Gerät! Ein winziger Tretimpuls und das Rad rollt los wie an der Schnur gezogen. Ein Hauch von Fliegen. „Komm Klaus, lass uns eine Runde drehen! Du kennst mich. Ich weiß, du willst es doch auch!“
Ich war ja nie ein technisch guter Fahrer. Aber auf dem Weg nach Fischerbach konnte ich an so manchem Rennradfahrer dran bleiben.
Dieses Rad ist mein Traum auf Rädern.
Natürlich kann ich heute nicht mehr wirklich damit fahren. Zwei Tage später bin ich ganz langsam um den Kasernenplatz drüben rum gerollt. Und noch einen Tag später zum Bauernladen. Das war schon absolut grenzwertig und kurz vor dem Crash. So schade! Aber hilft ja nichts. Es bräuchte ein medizinisches Wunder.
Nur: kann ich die beiden Räder jetzt wirklich noch weg geben? Mein Herz blutet. So viele Erinnerungen in meinem Kopf und meinem Körper!
Ich muss es nicht heute entscheiden…
Der Blick nach vorne
Trotzdem bin ich näher an dem Thema dran als man denken sollte. 2020 hatte ich ja seit einem Jahr den Rollstuhl. In der Stadt ist der okay, aber ich wollte halt auch mal wieder raus in die Natur.
Was ich bräuchte, wäre ein e-Bike, bei dem man nicht treten muss. Ich hatte recherchiert, diverse Fahrradhändler angerufen. Aber alle hatten abgewunken. Sowas gab es nicht. Also hab ich mir damals den Elektro-Motorroller gekauft.
Der ist auch okay. Aber halt kein Vergleich. Das Fahrrad ist die effizienteste Fortbewegungsart, die der Homo Sapiens bisher entwickeln konnte:
Ein gutes Bike erhöht Geschwindigkeit und Reichweite eines Menschen um das Fünffache. Das Gewicht steigt aber grade mal um etwa 20%. Vergleiche das mal mit einem dicken SUV!
Ein Rad kann man locker über Treppen oder umgestürzte Baumstämme oder in die Bahn tragen. Man kommt damit fast überall hin. Und das, ohne zu tanken oder Akkus zu laden. Und man bewegt sich auch noch beim Fahren. Wirklich unschlagbar!
Jetzt, nach gut sechs Jahren, ist mein Rollstuhl langsam am Ende. Das Profil ist abgefahren, die Verbindungskonstruktion zwischen Zuggerät und Rollstuhl sieht mitgenommen aus. Und der Akku reicht grade noch knapp, um in die Stadt und zurück zu fahren. Schon die Steigung vom Lindenplatz über die Zauberflötbrücke schafft er nur noch mit äußerster Mühe. Das Ding hat viel mehr mitgemacht, als ich ihm damals zugetraut hätte.
Jetzt brauche ich Ersatz. Mit meinen Motorrollern kann ich nicht auf den Markt fahren, da Fußgängerzone. Zum Schieben sind sie viel zu schwer. Und die Motorradstellplätze sind an machen Tagen einfach zu weit weg für mich. Außerdem zickt die Elektronik im kleinen Elektroroller auch schon wieder rum.
Also hab ich wieder recherchiert. Ein etwas besseres Zuggerät kostet immer noch etwa 6.000 €. Ein Rollstuhl nochmal 1.000 € Minimum. ABER: Das, wonach ich damals gesucht hatte, gibt es heute! Ein e-Bike, bei dem man nicht treten muss!
Et voilá, der Steereon:
Für diese Art Fahrzeug gibt es noch gar keinen Begriff. Es ist eine Kreuzung aus e-Scooter und Faltrad. Man kann nämlich den Lenker umlegen, die Sattelstütze raus nehmen und das Hinterrad nach innen drehen. Dann passt er in jeden Kofferraum. Das Gewicht liegt bei 22kg, das ist noch hebbar.
Ich kann darauf sitzen, die Sattelstütze ist gefedert. Der Motor sitzt im Vorderrad. Man gibt Gas wie bei einem Motorroller. Die maximale Geschwindigkeit liegt bei 25km/h. Damit kann ich ganz offiziell auf Mofa-Radwege. Die Reichweite mit einem Akku beträgt mindestens 25 Kilometer. Einen zweiten kann man bei Bedarf dazu kaufen und am Oberrohr montieren.
Dieses Teil könnte genau mein Missing Link sein. Also hab ich mir einen bestellt. Knapp 4.000 € ist kein Schnäppchen, für eine Probefahrt hätte ich nach Freiburg oder Karlsruhe müssen. Aber ich kann den Steereon wieder zurück schicken. Oder notfalls gebraucht verkaufen.
Wenn das aber so klappt, wie ich hoffe, kann ich künftig damit in die Stadt rein. Oder mal in den Wald. Oder kleine Radtouren mit Freunden machen. Das wäre so schön!
Jetzt muss ich nur erst mal warten. Bestellt hatte ich ihn Anfang Oktober. Ausgeliefert wird er wahrscheinlich erst Anfang 2026. Das ist wie früher vor Weihnachten. Passt ja. 🙂







