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Großer Deich

Was machen Krähen…

Was machen all die Krähen, die hier in meiner Straße in den Bäumen schlafen, eigentlich tagsüber? Einen Anhaltspunkt zu dieser Frage sollte ich an unerwarteter Stelle bekommen.

Das Wetter ist schön, ich hab Lust, wenigstens ein bisschen vor die Tür zu kommen. Neulich waren jede Menge Libellen am Großen Deich unterwegs. Da hatte ich leider nicht die große Kamera dabei. Also heute noch mal versuchen.

Als ich am Ziel ankomme, merke ich schnell, dass ich zu spät bin. Keine einzige Libelle da. Vermutlich waren die Nächte schon zu kalt. Aber egal. Ich stelle mich auf die Fußgängerbrücke über der Kinzig und warte einfach, was passiert.

Ein Graureiher sitzt mitten ‚im Gemüse‘. Brütet der da etwa? Oder erkundet er eine neue ökologische Nische? Fangen die jetzt auch noch an, Tunnel zu graben? Erst als sich ein Mann mit Hund nähert, fliegt er auf und landet wieder da, wo ein Graureiher hingehört. Im Wasser.

Mir fällt plötzlich auf, dass überall Krähen sitzen. So viele waren es hier noch nie. Ich warte weiter, was sich so tut, als sie plötzlich alle auffliegen. Jetzt staune ich wirklich! Wie viele mögen das sein? Hundert? Zweihundert? Keine Chance, die alle auf ein Bild zu bekommen.

Sie bleiben in der Luft, fliegen umher wie sonst nur Starenschwärme. Ich hab nicht den Eindruck, dass sie einen bestimmten Grund hätten. Da ist keine Panik oder Aufregung. Es wirkt eher wie ein geselliges Spiel. Dann ziehen sie genau über mich hinweg und fliegen davon.

Als ich da auf der Brücke stehe und immer mal wieder die Position etwas ändere, fallen mir immer mehr Wespen auf, die um mich herum schwirren. Und dann sehe ich es: Ein kleines Loch im Balkongeländer. Pausenlos krabbeln da Wespen rein oder raus. Auch an den anderen Pfosten ist das so. Ein reges Treiben.

Erst als ich mich über das Geländer beuge und zum unteren Ende des Pfostens, sicher zwei Meter tiefer, schaue, ahne ich die Dimensionen. Da müssen Nester drin sein! Das nenne ich mal modernes Wohnen! Ich mag mir nicht ausmalen, welche Temperaturen in den Stahlröhren tagsüber herrschen, aber offensichtlich haben die das im Griff. Gott sei Dank sind sie nicht aggressiv.

Ich beschließe, es für heute gut sein zu lassen. Auf dem Weg nach Hause scheuche ich einen Bussard auf einem Strommasten auf. Ich erwische ihn nicht mehr richtig, aber ich finde das Foto trotzdem super und sehr dynamisch. Etwas später sehe ich einen Kaisermantel dekorativ an einer Sandsteinwand sitzen. Den nehme ich auch noch mit…

Im Nachhinein bin ich fast erstaunt, dass ich in der folgenden Nacht nicht von Krähen geträumt hab. Vielleicht gut, dass ich Hitchcock’s ‚die Vögel‘ nie gesehen hab…