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Steinbruch

Die Steinbruch-Tour

Tierfotografen kämpfen sich durch dichte Dschungel. Überqueren eisige Gebirgszüge. Tauchen in den finsteren Tiefen der Meere. Oder machen was ganz anderes.

Gegenüber der Burg Geroldseck soll es einen alten Steinbruch geben, wo Wanderfalken gesichtet wurden. Das interessiert mich natürlich sehr. Außerdem hab ich die 500km Einfahrzeit mit der Forza zusammen und darf endlich Gas geben. Zwei Fliegen mit einer Klatsche, und so mache ich mich auf den Weg.

Die Anfahrt

Ich biege in die B33 ein, Tempo 100. Ich gebe ziemlich viel Gas und die Forza folgt gemächlich. Das klappt prima! Ich rolle in einer Kolonne mit komfortablen Abständen locker mit. Aber uii, wird das kalt! Dass das so ein großer Unterschied ist zu Tempo 70 hätte ich nicht gedacht. Da fahre ich die nächste Ausfahrt lieber wieder runter. Ich könnte zwar die Regenjacke überziehen, dann ginge das gut. Aber ich weiß ja jetzt, dass ich und der Roller es können.

Die Straße auf den Schönberg hoch ist eigentlich eine wunderbare Biker-Strecke. Viele Kurven, ordentlich Steigung, aber trotzdem breit genug, dass es nicht zu kitzlig wird. Nur sind 15 PS halt nur 15PS. Und ich hab Schiss. Da ist das innere Bild, dass ich in eine Kurve rein fahre, merke, dass ich zu schnell bin und das nicht mehr korrigieren kann. Wahrscheinlich erlebt jeder Biker irgendwann diesen Moment.

Davor Angst zu haben, ist sinnvoll, weil es übel ausgehen kann und manchmal auch tut. Ich bin aber so dermaßen vorsichtig, dass ich meistens schon vor dem Scheitelpunkt der Kurve mehr Gas geben muss, um nicht nach innen zu kippen. Ich nutze maximal 5% dessen, was die Reifen halten können. Mit Schräglage hab ich noch nicht mal angefangen. Zum Glück drängelt niemand hinter mir. Ich muss den Roller und das zusätzliche Gewicht ja erst kennenlernen.

Der Steinbruch

Als ich oben ankomme, bin ich etwas ratlos. Laut Karte liegt der Steinbruch links. Da ist auch eine Wertstoff-Deponie eingezeichnet. Also fahre ich da hoch. Und tatsächlich, ein großer Platz mit diversen Containern. Eine Straße führt weiter den Berg aufwärts. Als ich oben aus dem Wald raus komme, stehe ich vor einem weiten Feld von Bauschuttbergen. Dahinter ragt eine Felswand auf, die allerdings größtenteils zugewachsen ist. Man hat eine schöne Aussicht hier oben!

Hier sollen Wanderfalken brüten? Bei Raupen und Baggern und Staub und Lärm? Jetzt grade ist aber niemand am Arbeiten. Ich suche mir eine nicht ganz so dreckige Stelle und setze mich hin. Ich warte. Ein hellgrauer Schatten zwischen den Bäumen! Nein, nur eine Ringeltaube. Es ist ruhig hier. Arg ruhig. Mir wird langweilig. In den Büschen singt laut App ein Zaunkönig, aber natürlich unsichtbar.

Ein Greifvogel gleitet ruhig über mir hinweg. Was ist das? Ich fotografiere ihn, dann verschwindet er hoch oben hinter den Bäumen. Zu weit weg, als dass ich auf dem Display der Kamera mehr erkennen könnte.

Menno, vielleicht ist das doch der falsche Ort? Ich fahre wieder runter zum Wertstoffhof. Ich frage einen der Männer nach den Falken. „Ja, manchmal höre ich den. Aber da ist auch ein Uhu, deshalb sind die sehr vorsichtig.“ Wir reden ein bisschen, er ist sehr aufgeschlossen.

Dann plötzlich ein Grummeln, lautes Klackern, anschwellendes Rauschen. Oben im Wald wackeln die Bäume, eine Staubwolke steigt auf. Ein gewaltiger Geröll-Abgang! „Ich arbeite schon lange hier, aber sowas hab ich noch nicht gesehen!“ Der Mann schwingt sich ins Auto und fährt hoch, um nachzusehen.

Oh weia, vor einer Viertelstunde saß ich genau da oben! Mir waren die alten, zugewucherten Geröllhalden durchaus aufgefallen. Als er zurück kommt, ist er entspannt. Die Steine sind nicht bis auch den Fahrweg gelangt.

Ich warte etwas, dann fahre ich noch mal hoch. Nichts zu sehen. Ich lege mich eine halbe Stunde auf die Lauer, aber kein Vogel zu sehen. Dann höre ich ein leises Klackern im Wald. Mist, da ist immer noch Bewegung drin! Ich verschwinde lieber.

Noch ein Steinbruch

Als ich wieder unten im Tal ankomme, ragt direkt neben mir eine ziemlich neue Anlage auf. Ich war echt schon lange ich mehr hier unterwegs! Und genau dahinter ist der zugehörige Steinbruch. Der war mir nie aufgefallen. Ich halte an und schaue. Ganz oben in der Wand ist ein Kasten angebracht. Wahrscheinlich, damit der Uhu dort brüten kann. Aber auch hier regt sich nichts außer einem gelangweilten Mäusebussard hoch über mir am Himmel.

Und noch einer!

Ich beschließe, über die Dörfer zurück zu fahren. Ist schöner und Zeit hab ich ja. Ich bin noch gar nicht weit gekommen, da fällt mir der nächste Steinbruch ins Auge. Das gibts ja nicht! Auch hier ist die Schranke offen und ich fahre rein. Donnerwetter, das ist auch ganz schön groß hier. Wie viel hier noch gebaggert wird, kann ich nicht sagen. Was an Maschinen rumsteht, wirkt etwas verloren. Ein Mann flickt einen Radlader. Ich frage ihn, ob er hier Wanderfalken gesehen habe. Auch er ist sehr freundlich. „Ich weiß nicht, kann schon sein. Aber hier gibt es einen Uhu, und die mögen sich nicht.“ Aha, ich erkenne ein Muster. Einen Uhu hab ich ja auch noch nie gesehen, aber tagsüber findet man den schon gar nicht.

Ich schaue mich um, hier bin ich niemandem im Weg. Es sieht aus wie eine Filmkulisse. Ich stapfe durch roten, nassen Sand. Ablaufendes Wasser sorgt für schöne Muster am Boden. Dann kommt die Sonne durch die Wolken, der blühende Ginster leuchtet prachtvoll. Das sieht auf seltsame Weise schön aus hier! Ganz oben kreist wieder mal ein Mäusebussard, als ein Rotmilan auftaucht und ihm den Platz streitig macht. Allerdings nicht sonderlich energisch. Das ist hier anscheinend nicht der Ort für irgendwelche Art von Hektik.

Für heute hab ich genug. Als ich später zuhause ankomme, muss ich erstmal den roten Dreck aus den Klamotten, Schuhen, Kamerataschen schrubben. Dann lade ich die Fotos hoch und bearbeite sie.

Als ich mir das Bild von dem unbekannten Greifvogel vornehme, stutze ich: Das könnte ein Wanderfalke gewesen sein! Normalerweise erkennt man Falken ja am schnellen Flattern. Dieser hier war aber im ruhigen Sinkflug, die Federn abgespreizt. Und gegen den hellen Himmel auch nur ein dunkler Schatten. Da wird die Unterscheidung live schwierig. Ich bastle und hole aus den wenigen Pixeln mein Möglichstes raus. Viel ist es nicht, wahrscheinlich nur ein Turmfalke, aber vielleicht war das auch tatsächlich der erste Wanderfalke meines Lebens?

Tierfotografen kämpfen sich durch dichte Dschungel. Überqueren eisige Gebirgszüge. Tauchen in den finsteren Tiefen der Meere. Oder sie trotzen allen Gefahren auf einer Sightseeing-Tour über die heimischen Steinbrüche. 🙂

3 Gedanken zu „Die Steinbruch-Tour“

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