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Balkon

Gestern ist mir aufgefallen, dass ich jetzt schon wieder siebeneinhalb Jahre in dieser Wohnung lebe. Die Zeit vergeht irgendwie heimlich unter der Oberfläche. Noch mehr, seit ich krank bin. In den letzten drei Wochen konnte ich mal wieder kaum meine Wohnung verlassen. Ein Crash nach einer Überlastung, dann letzten Freitag noch einer, bei dem ich nicht mal weiß, was ich falsch gemacht hab.

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Jedenfalls bin ich viel zuhause. Sehr viel. Oft ist die einzige nicht digitale Nahtstelle mit der Welt da draußen mein Balkon. Für den bin ich echt sehr dankbar. Trotzdem zeigt er mir, was falsch läuft:

Normalerweise bewegen wir Menschen uns durch die Welt. Oft bekommen wir in der Hektik des Alltags kaum mit, wie sie sich verändert. Bei mir ist es umgekehrt. Ich fühle mich wie ein fixer großer Stein, an dem Tage, Wetterlagen, Jahreszeiten, Jahre wie im Zeitraffer vorüber fliegen. Oder wie ein altes Haus. Als würde ich selbst mit der Zeit zum Balkon.

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Zu viel Zeit, zu wenig Kraft, um sie zu füllen. Viel Leerlauf. Ich wache morgens auf, vielleicht sieben Uhr. Wie geht es mir? Tragen mich die Beine? Hält der Kreislauf? Ich stehe auf. Nein, heute noch zu früh. Vielleicht morgen wieder. Um sieben Uhr zehn weiß ich also, dass auch an diesem Tag nicht viel passieren wird. Ich werde nicht zur Tür raus können.

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Ich gebe mir große Mühe, trotzdem das Beste aus solchen Tagen zu machen. Ich hab Freunde, die vorbei kommen oder mit denen ich telefoniere. Ich hab das Internet mit einer Million spannender Geschichten. Und doch ist es ein großes Zeit Absitzen, bis mein Körper wieder ein bisschen Energie angesammelt hat. Und dann auf Zehenspitzen und mit Samthandschuhen voran tasten, bloß nicht übertreiben!

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Und so übe ich mich in Geduld. Nicht in Minuten, nicht in Stunden, meine Einheit sind Tage. Das fühlt sich nicht richtig an. Ich verliere meine Lebenszeit. Und ich weiß, dass das einfach diese Krankheit ist. Ich kann ja immerhin noch am PC sitzen und Blogbeiträge schreiben. Es könnte viel schlimmer sein, das hab ich gestern beim Online-Treffen der Selbsthilfegruppe wieder gesehen.

Warten…

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