Die Nacht war etwas unruhig. Meine Beinmuskeln haben die halbe Nacht vor sich in gezuckt. Offenbar bin ich das Ansitzen auf dem Boden nicht mehr gewöhnt. Aber egal, heute morgen geht es mir sehr gut. Ich hab Lust auf Abenteuer!
Um halb acht sitze ich auf und fahre los. Könnte das heute mit der Schwarzenbach-Talsperre klappen? Neugierig bin ich ja schon. Ich rolle gemütlich mit dem Berufsverkehr nach Norden. Vielleicht sollte ich noch tanken? In Appenweier kostet der Liter Super 1,82 €, ich fahre weiter. Als ich in Renchen ankomme, traue ich meinen Augen nicht: 1,61 €! Das soll einer verstehen. Aber mir soll’s recht sein. Ich zapfe vorsichtig los, nach wenigen Sekunden schaltet der Hahn schon wieder ab. Der Tank hat ja nur 12 Liter Volumen und war längst nicht leer. Als ich wieder aufsitze, muss ich laut lachen:
Reichweite 787 Kilometer. Was für eine absurde Zahl! Ich könnte nach Hamburg fahren. Vermutlich wird das aber mein Gesäß nicht mitmachen und meine Energie auch nicht. Außerdem hab ich keine Zahnbürste dabei. Also bleibe ich doch beim alten Plan.
In Achern rechts ab nach Sasbachwalden, wieder den Berg hoch. Diesen Teil kenne ich ja noch von Sonntag. Kurz vor der B500 fahre ich rechts ran und mache ein Päuschen. Schön hier! Und noch besser: Ich stehe neben leckeren Waldhimbeeren und unzähligen Heidelbeersträuchern. Das kann ich natürlich nicht übergehen, und so genieße ich ein kleines zweites Frühstück.
Dann komme ich zur entscheidenden Kreuzung. Soll ich es wagen? Wenn ich tatsächlich zur Talsperre fahre, gibt es keinen schnellen Weg zurück. Aber ich fühle mich immer noch gut, also ab dafür!
Nach etlichen Kurven komme ich aus dem Wald heraus. Links von mir öffnet sich eine Hochebene. Herrenwies. Im Winter ist das offenbar ein Langlaufzentrum, und ich verstehe das. Perfektes Terrain! Auch jetzt im Sommer ist es wunderschön hier. Ein bisschen ähnlich wie Schönwald.
Dann geht es wieder in den Wald. Als er sich das nächste mal lichtet, steht links schon das Wasser des Stausees. Es ist nicht mehr weit.
Und tatsächlich, plötzlich sehe ich die Staumauer. Okay, die ist schon beeindruckend! Sie feiert nächstes Jahr ihren 100. Geburtstag. Ein bisschen beklemmend ist, wie niedrig das Wasser steht.
Neben mir hat ein Brite mit seinem schwer bepackten Motorrad angehalten. Auch er macht ein Päuschen hier. Er will morgen weiter nach Cochem. Ääh ja. Das sind andere Distanzen als bei mir. Auch wenn meine Honda weiter fahren könnte als seine BMW, das muss ich hier noch mal anmerken!!! 🙂
Ich hab ein breites Grinsen im Gesicht, als ich weiter fahre. Die Landschaft, das Dahingleiten, das macht so viel Freude! Ein bisschen wie Skifahren, wenn es so richtig gut läuft. Zu meiner Überraschung stoße ich kurz drauf wieder auf eine Talsperre. Diesmal ist es die Murgtalsperre. Interessanterweise ist hier die Staumauer auf der anderen Seite als vorhin. Ich fahre also plötzlich flussaufwärts. Die Topografie ist etwas unübersichtlich hier oben.
Dann weiter. So langsam könnte ich einen Snack vertragen. Kurz vor Klosterreichenbach ist ein nettes Café direkt neben der Straße. Da gönne ich mir ein Stück Zwetschgenkuchen und einen Pfefferminztee. Und ich kann unauffällig die Wasserflasche auffüllen. Sehr gemütlich hier!
Frisch gestärkt und mit neuem Schwung rolle ich weiter nach Freudenstadt. Kurzes Arme Ausschütteln, dann gleich wieder rechts ab in Richtung Kniebis.
Oben auf der Höhe stoppe ich an einem Wanderparkplatz im Wald. Da ist eine Sitzgarnitur im Schatten, die nehme ich mir. Ich lege mich hin, mache aus dem Halstuch eine Augenbinde und dann ein kurzes Nickerchen. Nach zehn Minuten kommt eine Familie mit vier kleinen Kindern an. Da ist Schluss mit Schlafen, aber egal. Es hat gut getan.
Ich mache mich auf zum Endspurt. Kniebis, Bad Griesbach, Bad Peterstal, Oppenau. Aber hier kenne ich mich inzwischen ja gut aus. Ich rolle das Renchtal hinaus Richtung Offenburg. So langsam zieht es sich doch ganz schön. Es wird anstrengend.
Im Kühlschrank hab ich kein Gemüse mehr. Ich könnte noch an einem Obststand anhalten und was holen. Ooooder: ich kehre ein. Und genau das tue ich: Brauwerk Baden, ich suche mir ein nettes Plätzchen, bestelle die Lasagne, die es heute als Tagesessen gibt. Lecker! Sehr gehaltvoll, aber ich hab auch echt Kohldampf.
Als die Platte geputzt ist, fühle ich mich wieder fit. Da hätte ich ja auch schon früher einkehren können! Am Dollenberg zum Beispiel. Aber die hätten sicher keine Lasagne gehabt.
Ich hab es also geschafft! Als ich zuhause in den Hof fahre, geht es mir prima. Und ich hab offenbar nicht viel mehr Energie verbraucht, als wenn ich zuhause vor dem Rechner gesessen hätte!
Was für ein herrlicher Tag!
Das sind mal wieder so richtige ‚Dass ich das noch erleben darf‘-Vibes!