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Vögel12

Experimente

Vorgestern war ich endlich mal wieder draußen am See. Ich war vor Sonnenaufgang da, gut getarnt, es war mild und einigermaßen trocken. Gute Ausgangsbedingungen also.

Allein – es fehlten die Vögel. Zweimal sauste ein Eisvogel in großem Abstand vorbei, ansonsten nur die üblichen Blesshühner, Kormorane und Graureiher, weit weg am anderen Ende des Sees. Am Morgen nach Sylvester saßen viele der Tiere wahrscheinlich auch noch völlig verschreckt im dichten Gebüsch.

Etwas schade für mich, aber trotzdem war es ein schöner Neujahrs-Morgen mit spannenden Lichtstimmungen.

Alternativen?

In freier Wildbahn ist es um diese Jahreszeit einfach schwierig. Also bin ich manchmal nicht so pingelig und suche die Futterstelle am Waldrand bei Rammersweier auf. Da hatte ich letztes Jahr ja schon etliche Bilder gemacht. Und auch dieses Jahr herrscht hier buntes Treiben. Ich setze mich am hellichten Tag drei Meter davor auf den Boden und fotografiere vor mich hin, bis ich genug hab.

Ich mag die Bilder sehr, aber dann will ich noch etwas ausprobieren. Ich folge dem youtube-Kanal von zeitweise, zwei Tierfotografen, die einen sehr eigenen Stil haben: extreme Belichtungen, winzige Details, ungewöhnliche Perspektiven. Zum Teil erkennt man gar nicht mehr, was für ein Tier da dargestellt ist. Für ein gutes Bild lassen die Jungs im Zweifel auch das sündhaft teure Equipment über den Jordan gehen. Was die machen, ist sehr unterhaltsam, und dabei viel mehr Kunst als Dokumentation. In dem Graubereich dazwischen spiele ich ja eh grade rum.

Gestern mittag greife ich einen Trick der beiden auf und setze mich diesmal auf die andere Seite des Futterhäuschens. Jetzt fotografiere ich also direkt in die Sonne. Die Idee ist, dass das tolle Lichtbrechungen in den Schwingenfedern ergeben könnte.

Dabei stoße ich auf zwei praktische Probleme:

Erstens sind die kleinen Burschen unfassbar schnell! Ich schalte immer wieder auf Dauerfeuer mit 12 Bildern pro Sekunde, sobald sich ein Vogel nur dem Häuschen nähert. Ruckzuck sind über 800 Bilder im Kasten. Aber ich bin einfach zu langsam und verpasse den Anflug fast jedes mal.

Und zweitens ist auch die Kamera zu langsam. In einem Bild ist der Vogel noch ganz in der Ecke des Bildes. 1/12 Sekunde später, im nächsten Bild, sitzt er schon seelenruhig am Häuschen. Wahnsinn! Nur wenige Treffer kommen so heraus:

Irgendwann komme ich auf die Idee, statt dessen zu filmen! Als Video taugt das zwar gar nichts. Selbst bei maximaler Zeitlupe und 100 Bildern pro Sekunde könnte man die Flugbewegungen der Piepmätze kaum erkennen. Und mehr kann meine Kamera nicht. Aber ich kann aus einem Film hinterher Einzelbilder raus extrahieren! Da hab ich dann nur eine niedrige Auflösung, aber dafür halt viel mehr Bilder pro Sekunde.

Gesagt, getan. Ich stelle die Kamera auf ein Stativ. Für mein langes Teleobjetiv ist mein Reisestativ zu wackelig. Also muss ich mit kürzerer Brennweite näher ran gehen. Normalerweise hat man da bei der Wildtierfotografie wenig Möglichkeiten. Eine falsche Bewegung, ein Schritt zu nah, die Tiere flüchten, und für die nächste Stunde kommt da auch nichts mehr. Und stören will ich die ja auch nicht.

Aber dies hier ist nicht Wildnis. Die Futterstelle ist direkt neben einem breiten Weg, immer wieder kommen Leute mit Hunden vorbei. Die Kohl-, Blau- und Sumpfmeisen hier sind an Menschen gewöhnt und so tiefentspannt, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Die räumen zwar kurz das Feld, aber nach einer Minute Ruhe kommen sie wieder. Als ich meine Kamera etwa einen Meter hinter das Vogelhäuschen stelle, fliegt eine Blaumeise nicht mal weg und mümmelt einfach weiter am Meisenknödel.

Ich gehe weg, lasse die Kamera gut fünf Minuten filmen und hoffe das Beste. Länger traue ich mich nicht, sonst brennt mir die Sonne noch ein Loch in den Sensor. Zuhause schaue ich mir den Film an und exportiere einige Fotos. Sie sind nicht so spektakulär, wie ich mir das vorgestellt hatte. Aber es hat Spaß gemacht, zu experimentieren. Da lässt sich glaube ich noch mehr rausholen…

2 Gedanken zu „Experimente“

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