„Verkehrswende“, das ist eins der Schlagwörter unserer Zeit. Zu viele Autos verstopfen die Straßen, zu viele Unfälle, zu viele Schadstoffe in der Luft, zu viel Erdöl, das aus dubiosen Quellen importiert werden muss. Inwiefern Elektroautos die Lage verbessern werden, ist fraglich, wenn die 400 PS haben und fast drei Tonnen wiegen. Die Zukunft müsste Fahrrädern, eScootern, Motorrollern gehören. Und natürlich auch Autos, die aber sinnvoll genutzt werden, anstatt 95% der Zeit zu parken.
Und dann das: Freitag und Samstag war wieder die Paul-Pietsch-Classic in Offenburg angekündigt. An zwei Tagen fahren etwa 120 Oldtimer je eine lange Runde durch den Schwarzwald. Das macht insgesamt über 60.000 gefahrene Kilometer plus An- und Abreise, größtenteils ohne Katalysatoren oder Filter. Okay, die Welt geht davon nicht unter. Aber was soll das?
Und dann sehe ich am Freitag morgen aus dem Küchenfenster die ersten Autos vorbei rollen. Um die Vernunft ist es sofort geschehen. Ich gehe rüber zum Kulturforum und schaue mir die Fahrzeuge an, die sich für den Start bereit machen. Mein Gott, so viele Erinnerungen!
Autos, die in meiner Kindheit herumgefahren sind. Sportwagen aus dem Autoquartett, deren Daten ich auswendig wusste. Karosserien mit so eleganten Linien, dass meine Augen sich kaum satt sehen können. So viele Geschichten!
Am Samstag nachmittag gehe ich prompt in die Stadt zum Zieleinlauf. Noch mal gucken. Und ich nehme die Kamera mit, da kann ich auch gleich mal üben. Ein netter Nebeneffekt: Menschen fotografieren ist da eher okay, weil es ein öffentliches Event ist und hauptsächlich um die Autos geht.
Heute morgen hab ich die ganzen Fotos fertig bearbeitet. Ich finde sie gar nicht übel dafür, dass ich kaum Erfahrung hab mit diesem Sujet. Und auch mein Gewissen hat sich beruhigt. Eigentlich passt die Veranstaltung doch ganz gut. Sie ist ein rollendes Museum. Und ein bisschen ist das auch unser heutiger Straßenverkehr. Ein Anachronismus. Ein Dinosaurier.
Der Vergleich passt. Die tonnenschweren Kolosse sind damals ausgestorben, weil sie sich nicht an veränderte Bedingungen anpassen konnten. Überlebt haben die kleinen, flexiblen Expemplare, und das sogar enorm erfolgreich. Es sind unsere heutigen Vögel. Und so schön es ist, sich von Tyrannosaurus, Triceratops und Brachiosaurus faszinieren zu lassen. Kein Mensch wollte die heute noch frei rumlaufen haben. Wir sind ja schon total überfordert von einer Handvoll Wölfe…